Wolle Neurose kaufe?

Wir sind wahnsinnig. Komplett irre. Alle. Um in dieser Welt zu überleben braucht man Mechanismen, die Halt geben, da Haltlosigkeit zum Diktator unseres Daseins wurde. Die Frage lautet nicht ob wir bescheuert sind, sondern: Wie schlimm ist es? Beim Einzelnen.

Ich fange mal an und schreibe Macken nieder, die meine guten Freunde kennen. Meine Facebook-Freunde nicht. Facebook ist so oder so eine ziemlich perfide, hinzugefügte Freundin. Sie gibt uns das Gefühl nicht alleine zu sein und lenkt unser Leben vor zu viel Leben ab. Das könnte ja schief gehen. Und wehtun. Eigentlich wie analog. Liken ist digitales Schmusen. Der Share eines Postings wie überragender Sex.
„Alter, geht viral!“ Der multiple Sharegasmus. Heil Zuckerberg.

Wir brauchen das. Das ist schlimm. Der Eine mehr, der Andere weniger. Der Weniger macht es nicht weniger schlimm. Wir brauchen das, weil die Welt, auf die uns die Eltern vorbereitet haben, nicht mehr existiert. Geburt, Firmung, Abi, Uni, Job, Heirat, Kinder, Hund, Kombi, Haus, abbezahlt. 40 Jahre Rente einzahlen, 25 Jahre Rente auszahlen.
Glück gehabt. Gelebt. Grabstein. Ich war hier.

Gut, die Nummer mit der Freiheit ist so eine Sache. Wie eine Droge. In Maßen genießbar. Vielleicht hat uns der Selbstverwirklichungsdealer aber auch mit Freiheit als Überdosis angefixt? Der erste Schuss war gratis. Ich glaube ja. Viele nicht. Es ist ein freies Land.

Wolle Neurose kaufe?

Ich habe noch nie in meinem Leben eine Kirsche gegessen. Was daran liegt, dass ich Kirschen sehr hässlich finde. Darüber hinaus sind sie glitschig. Ich esse nur Sachen, die in meinen Augen ästhetisch sind und kein Fruchtfleisch beinhalten. Orangen nein, Orangensaft ja (ohne Fruchtfleisch). Salat mit Dressing nein, Eisbergsalat ohne Dressing ja. Hartes Obst wie Äpfel oder Bananen, gerne in gepflückt-grün, mag ich gerne. Ich bin Konsistenz-Esser. Hart yay, glitschig ney. Der Geschmack von Pilzen ist grundsätzlich ganz in Ordnung. Ihre Konsistenz jedoch nicht. Viele Menschen mögen viel Soße. Und dick aufgetragene Butter. Ich mag dies in homöopathischer Dosis. Wenn die einzelnen Dinge auf dem Teller, zusammen mit zu viel Soße, zu einer nicht mehr definierbaren Bowle vermengt werden (für die man eher Löffel statt Gabel bräuchte) gabel ich nicht weiter.

Ich träume seit Jahren den Traum von einem fusselfreien Leben. Ich hasse Flusen auf Kleidung. Und Rillen in Schuhen. IMG_7016
Es gibt 2 Dinge, ohne die ich niemals verreise. Nicht mal für eine Nacht. Fusselrolle und Schuhspanner. Ich putze mich raus. Das nehme ich wörtlich. Wenn ich mal reich bin, baue ich neben meinen begehbaren Kleiderschrank eine Entfusselungs-Waschanlage. Diese großen Rollen aus der Autowaschanlage, kennt ihr. Die, als überdimensionales, sich drehendes Flusensieb. Da gehe ich morgens nach dem Anziehen durch und bin von Kopf bis Fuß entflust. I have a dream.

Ich liebe das Präteritum. Ich liebte es immer. Heute morgen aß ich Rührei.
Wir hätten zusammen gegessen. Konjunktiv 2. Ich wohne alleine.

Ich bin ein Design-Hitler. Hätte ich in diesem Land das Sagen, würde ich sowohl die Produktion als auch den Import von Wohnwänden mit Zuchthaus bestrafen. Sagt mal das Wort „Wohnwand“. Sagt es laut. Jetzt!
Schmeckt ihr, wie das im Abgang schmeckt? Erst leicht nach Roller und hinten raus nach Poco Domäne. Man sagt es und hat zeitgleich die Befürchtung, Daniela Katzenberger kommt hinter der Wohnwand hervor. Wohnwände erdrücken und machen Räume kleiner. Sie nehmen einem die Luft zum Sehen. Sie stehen dumm rum. Als Design-Hitler wären in meinem Land nur Sideboards auf Hüfthöhe erlaubt und jeder Haushalt bekäme eine USM-Haller bzw. Vitra Grundausstattung. Dieses Land wäre dann sehr arm. Aber sehr schön. Wie ein echt großes Berlin. IMG_7017

Ich mag es nicht, wenn Kleidung liegt. Außer Strick. Das hängt sich aus. Und Socken. Alles andere hängt auf Bügeln, nach Spektralfarben sortiert. Von dunkel nach hell. Wenn mich Menschen besuchen, die mich sehr gut kennen, dann machen die Sachen, die sie voll lustig finden. Ich nicht. Zum Beispiel nehmen sie eines meiner weißen Oberhemden und hängen es zwischen zwei Dunkelblaue. Sie wissen, wenn ich das im Augenwinkel wahrnehme, raste ich komplett aus. Lustig. Oder sie verrücken Bilderrahmen damit sie schief hängen. Sehr, sehr lustig.

Ich besitze keine Jeans. Der Stoff ist sehr schwer. Was soll daran gemütlich sein? Ich bin der einzige Mann der Welt, der freiwillig den Film Titanic 15 Mal gesehen hat. Ich korrigiere: Ich bin der einzige heterosexuelle Mann der Welt, der freiwillig den Film Titanic 15 Mal gesehen hat. Nicht wegen Leo, Kate oder der Lovestory, sondern weil die Menschen so gut angezogen sind. Die Herren, fein mit Kragenkläppchen. Die Damen, anmutig mit Abendkleidchen. Tagsüber. Ach was, zum Frühstück schon. Gern gesehen. Selbst die, aus der dritten Klasse, sahen mit ihren Hemden und Westen schicker aus, als alles was 100 Jahre später mit Jogginghose in den Club geht. Zum Tanzen. Das muss man sich mal vorstellen. Karl Lagerfeld ist ein guter Mensch. Ich würde gerne viel mehr tanzen wie weitaus früher. Wie gerne hätte ich in den 20ern gesoffen, als der Frust über die Weltwirtschaftskrise stilvoll mit Champagner runtergespült wurde.
Echtes Kristall. Cheers.
Wer oder was ist eigentlich dieses Yeezy Boost?

Ich finde das Wort „Hurensohn“ phonetisch wunderschön. Neulich traf ich einen. Sah sehr aufgedunsen aus.

Ich glaube, mit dem Abendland ist alles in bester Ordnung. Aber das Abendland geht ein Stückchen unter, jedes Mal, wenn irgendwo in Deutschland eine tiefgefrorene Torte von Coppenrath & Wiese aufgetaut wird. Ich mag keine Torten. Oft ist darin glitschiges Obst verbaut. Aber ich sehe sie gerne. Sie sind Kunst. Ich mag meinen Kuchen trocken. Saftige Schokoglasur. Marmor, Amour.

Meine Top-3 Serien sind Dr. House, Californication und True Detective. Aber nur die erste Staffel mit Matthew McConoghiiuiewghw. Ich hasse es Namen googeln zu müssen, die ich richtig aussprechen aber nur falsch schreiben kann. Mache ich jetzt nicht.
Die Charaktere sind Zyniker, Sarkasten und Misanthropen. Die mag ich. Die mochte ich immer. Ist man eigentlich Philanthrop wenn man Misanthropen mag? Ich mag die, die im Destruktivismus Heilung suchen und Halt finden. Die, die ihren Kopf nicht ausschalten und den Ernst des Lebens nicht ernst leben können. Die, die den Zynismus brauchen um den Kopf über Whiskey zu halten, wenn Jack Daniels persönlich an die Wände ihrer Seelen hämmert. Bretterbuden. Zu Hause. Irgendwie.

Manche Menschen sagen, dass ich komisch bin. Ich glaube, dass die sogar nicht recht haben.
So lange, wie sie ihre eigene Komischheit hinter gefilterten happy-holiday-food-family-beach-sun-shopping-coffee-qualitytime-mylifeissoawesome-Fotos bei Instagram oder in Mark Zuckerbergs Soziopathen-El Dorado zu verschleiern versuchen, habe ich recht. Is scho Recht.

Das Paradoxe ist: Der Diktator unseres Daseins heißt mit Nachnamen Freiheit.
Und ist eine Frau.
Geborene Glück.

Lasst eure Neurosen, Macken und Spleens doch auch raus unter #wolleneurosekaufe
Alles raus, was keine Miete zahlt.

Denn: Jeder hat sie. Jeder braucht sie. Wir sind alle Monks. Is scho Recht. Wenn man das ein mal verstanden hat, dass man nur ein Bekloppter unter Bekloppten ist, lebt es sich recht ungeniert. Versteckspiel ist sehr anstrengend. Als Kind habe ich immer gewonnen.

Wolle Neurose kaufe?


Warning: require(/www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-content/themes/organic_profile/comments.php): failed to open stream: Permission denied in /www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-includes/comment-template.php on line 1556

Warning: require(/www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-content/themes/organic_profile/comments.php): failed to open stream: Permission denied in /www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-includes/comment-template.php on line 1556

Fatal error: require(): Failed opening required '/www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-content/themes/organic_profile/comments.php' (include_path='.:/usr/share/php:..') in /www/htdocs/w0115674/andrekramer.de/wp-includes/comment-template.php on line 1556